23. Mai 2019 / Allgemeines

Gunter Demnig verlegt elf Stolpersteine

Sichtbare Zeichen grausamer Schicksale

Rietberg. Sie sind ein deutlich sichtbares Zeichen des Erinnerns, die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig. Mit ihrer gold-glänzenden Oberfläche fallen sie im Einheitsgrau des Straßenpflasters besonders auf. Elf Exemplare sind am Mittwoch in Rietberg verlegt worden – in Gedenken an Mitglieder der jüdischen Familie Löwenstein, die einst in Rietberg gelebt hat.  

„Heute ist der Weg das Ziel. Denn die Strecke führt uns vorbei an Orten, die Geschichten erzählen. Geschichten von Menschen, denen unvorstellbares Leid zugefügt worden ist. Leid, das man ihnen im Nationalsozialismus angetan hat“, sagte Bürgermeister Andreas Sunder im Rahmen seiner Gedenkrede, die er an der ersten von drei Stationen für die Verlegung der Stolpersteine hielt, an der Müntestraße 8. Dort, wo sich heute ein großzügiger Garten erstreckt, hat bis 1928 das Wohnhaus der Familie Isaak Löwenstein gestanden. Die Druckerei, die die Familie betrieb, ist in der Reichspogromnacht 1938 zerstört worden. An das Schicksal der Familie erinnerten Schülerinnen und Schüler des neunten und zehnten Jahrgangs der Richard-von-Weizsäcker-Gesamtschule Rietberg. Sie hatten im Vorfeld gemeinsam mit Stadtarchivar Manfred Beine die Geschichte der Löwensteins aufgearbeitet und aufgeschrieben. „Ich freue mich sehr über dieses Engagement, denn es ist freiwillig und zusätzlich zum eigentlichen Unterricht erfolgt“, betonte Manfred Beine. Obwohl für einen Teil der Jugendlichen derzeit die zentralen Abschlussprüfungen anstehen, haben sie es sich nicht nehmen lassen, die Stolpersteinverlegung mit ihren Vorträgen zu bereichern. Besonders eindringlich etwa das Schicksal von Julie Löwenstein, an das Schülerin Claudia Zander erinnerte: Julie Löwenstein war 1940 in einer Tötungsanstalt in Brandenburg ermordet worden. Ihre Eltern ließ man in dem Glauben, sie befinde sich in einem Krankenhaus in Telgte. Noch Monate nach ihrem Tod bezahlte die Familie Pflegekosten für ihre Tochter, obwohl diese längst umgebracht worden war. 

Elf Stolpersteine hat Gunter Demnig am Mittwoch vor der Müntestraße 8 und den Gebäuden mit den Adressen Rathausstraße 29 und 30 in den Boden eingelassen. Allesamt gestiftet, und zwar von den Rietberger Stadtführern, der Evangelischen Kirchengemeinde, Carl Philipp Tenge-Rietberg, Maximilian Rieländer, dem Verein Haus und Grund sowie vom ehemaligen Rietberger Bürgermeister und Landtagspräsidenten André Kuper. Bürgermeister Andreas Sunder betonte, die Verlegung erhalte besonders deshalb eine sehr persönliche Bedeutung, weil Menschen aus Rietberg die Steine stiften. „Mit dem heutigen Tag ist noch nicht der letzte Stolperstein in Rietberg verlegt worden. Wir sind weiter auf dem Weg. Auf dem Weg, mit den Stolpersteinen eines der weltweit größten Mahnmale für die Opfer des Nationalsozialismus weiter zu vervollständigen“, kündigte Sunder an. Unter anderem sind weitere Termine in Rietberg und in Mastholte geplant. 2016 hatte der Rat der Stadt Rietberg beschlossen, sich der Idee des Künstlers Gunter Demnig anzuschließen. Erste Stolpersteine sind im Juni 2017 in Neuenkirchen verlegt worden. 

Foto:

Künstler Gunter Demnig kniet an der Rathausstraße, um einen von elf Stolpersteinen zu verlegen.

Quelle: Stadt Rietberg

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