16. Juli 2021 / Aus aller Welt

«Corona hat erhebliche Effekte auf das Geburtenverhalten»

2020 wurden in Deutschland weniger Kinder geboren, Anfang dieses Jahres waren es deutlich mehr - kommen jetzt die Corona-Babys?

«In der Pandemie ist die Bedeutung von Familie und bei einigen der Wunsch nach Kindern gestiegen.»
von Sandra Trauner, dpa

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland weniger Kinder geboren worden. 2020 zählte das Bundesamt 773 144 Neugeborene, rund 5000 Babys weniger als 2019, wie die Statistiker in Wiesbaden berichteten.

Die Zahl der Babys pro Mutter sank jedoch kaum: Der Statistik zufolge bekamen Frauen 2020 im Schnitt 1,53 Kinder. Laut Statistischem Bundesamt liegt der aktuelle Rückgang vor allem daran, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter erstmalig seit 2011 leicht zurückging.

Spannend bleibt die Frage, welchen Einfluss die Corona-Pandemie hat. Im März 2021 gab es mit fast 66.000 Neugeborenen so viele Geburten wie seit 20 Jahren nicht mehr in diesem Monat. Destatis sieht einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abflauen der ersten Corona-Welle und Lockerungen ab Anfang Mai vergangenen Jahres. Schon im Februar 2021 hatte sich nach vorläufigen Zahlen ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat abgezeichnet. Im März stieg die Zahl dann um zehn Prozent.

Corona «macht viel mit den Menschen»

«Corona hat erhebliche Effekte auf das Geburtenverhalten», sagt Martin Bujard, Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. «Das macht viel mit den Menschen.» Zwei Mechanismen spielen hier gegeneinander: Das eine ist die wirtschaftliche Situation - sie ist in der Pandemie für viele unsicherer geworden, «das hatte einen negativen Effekt auf die Zahl der Geburten, vor allem in den USA und Südeuropa». Auf der anderen Seite stehe «der Cocooning-Effekt», sagt Bujard. «In der Pandemie ist die Bedeutung von Familie und bei einigen der Wunsch nach Kindern gestiegen.»

In anderen Ländern, die von Corona schwerer betroffen waren als Deutschland, gab es ab Dezember einen starken Einbruch bei den Geburtenzahlen, erklärt Soziologie-Professorin Michaela Kreyenfeld von der Berliner Hertie School - hierzulande nicht. «Für Deutschland springen die Werte rauf und runter», sagt Kreyenfeld. «Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: man sieht noch nichts.» Stabile ökonomische Bedingungen seien die wichtigste Voraussetzung für einen Kinderwunsch. «Vor diesem Hintergrund kann ich mir nicht vorstellen, dass es einen Babyboom gibt.»

Kita-Ausbau und Elterngeld wirkt

Die Zahlen für 2020 zeigen Bujard zufolge «keinen Trend, sondern eine Seitwärtsbewegung». Insgesamt ist die Zahl der Geburten pro Frau seit etwa 2005 gestiegen, von 1,3 auf 1,5 Kinder. Ein Grund sei die bessere Familienpolitik, sagt Bujard. Vor allem der Ausbau der Kitas und das Elterngeld hätten dazu geführt, dass sich mehr Frauen - auch mit höherem Bildungsabschluss - für ein Kind entscheiden. Mütter, die 2020 ein Kind bekamen, waren im Durchschnitt 31,6 Jahre und die Väter 34,6 Jahre alt. Beim erstgeborenen Kind betrug das durchschnittliche Alter der Eltern 30,2 beziehungsweise 33,2 Jahre.

Das Destatis-Team für demografische Analysen hat sich einzelne Bevölkerungsgruppen genauer angesehen. Erstmals seit 2008 bekamen Frauen im Osten 2020 weniger Babys als im Westen: Die Geburtenziffer lag bei 1,55 Kinder je Frau im Westen und bei 1,54 Kinder im Osten. Und während bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit die Geburtenziffer konstant blieb, sank sie bei den Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit von 2,06 auf 2,00 Kinder je Frau.

Mehr Kinder pro Frau

Tendenziell werden Frauen in Zukunft eher mehr Kinder bekommen, wie aus der Analyse hervorgeht. Die «endgültige Kinderzahl» war bei Frauen der 1960er Jahrgänge kontinuierlich gesunken. Beim Jahrgang 1968 hatte sie mit 1,49 Kindern je Frau die Talsohle erreicht. «Die in den 1970er Jahren geborenen Frauen werden durchschnittlich mehr Kinder zur Welt bringen», sagt das Demografie-Team. «Die endgültige Kinderzahl wird voraussichtlich spätestens beim Jahrgang 1979 die Marke von 1,6 Kindern je Frau überschreiten.»


Bildnachweis: © Fabian Strauch/dpa
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