26. Dezember 2021 / Aus aller Welt

Drohnen über Gefängnissen machen Justizministerien Sorgen

Sie können Handys, Drogen und Waffen schmuggeln, die Lage auskundschaften oder einfach unerlaubt Videos und Fotos machen: Drohnen in unmittelbarer Nähe von Haftanstalten oder im Luftraum darüber will die Politik nicht einfach fliegen lassen.

Hessen will künftig Drohnen über Gefängnissen besser aufspüren.
von Britta Schultejans und Frank Christiansen, dpa

Drohnenflüge über Gefängnissen machen den Justizministerien in Deutschland Sorgen.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden 2021 zehn und damit doppelt so viele Drohnen gesichtet wie im Jahr davor, wie das Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Befürchtet wird, dass mit den Drohnen Drogen, Waffen, Mobiltelefone oder andere verbotene Gegenstände in die Gefängnisse gelangen können. Die Justizminister der Länder hatten sich Mitte November in Berlin darauf verständigt, die Bundesregierung zu bitten, sich für eine EU-weite Lösung des Problems einzusetzen.

In Niedersachsen zählten die Justizvollzugsanstalten bis Mitte November neun An- oder Überflüge, wie das Justizministerium mitteilte. Im Jahr zuvor waren es mit acht Sichtungen ähnlich viele. Drei der Vorfälle seit Anfang 2020 wurden aber als Versuche gewertet, Zigaretten, Mobiltelefone und Drogen in die Gefängnisse zu bringen.

Laut Berlins bis vor kurzem amtierenden Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) kam es in der Hauptstadt zuletzt «vereinzelt» vor, dass Drohnen aufs Gelände einer Haftanstalt flogen.

Hessen plant Pilotprojekt

Hessen will künftig Drohnen über Gefängnissen besser aufspüren. Geplant ist ein Pilotprojekt «Drohnendetektion», wie ein Sprecher des Justizministeriums mitteilte. In Hessen habe es zwar nur vereinzelt den Verdacht gegeben, dass eine Drohne ein Gefängnis überflogen hat. «Dennoch geht von Drohnen zumindest abstrakt eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit der Justizvollzugsanstalten aus.» 2018 wurde bei einer nächtlichen Hofkontrolle eine auf dem Boden liegende Drohne mit drei Mini-Mobilfunktelefonen nebst SIM-Karten, einem Ladekabel sowie einem USB-Stick sichergestellt.

Baden-Württemberg will seine Gefängnisse besser gegen das Schmuggeln und Ausspähen durch Drohnen wappnen und rüstet die Justizvollzugsanstalten auf. Nach Ansicht der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges (CDU) sollten Drohnen zudem bereits ab Werk so programmiert sein, dass sie nicht in gesperrte Lufträume fliegen können. Mit Hilfe der GPS-Koordinaten der Flugverbotszonen ist das zwar bereits möglich. Mit einem Vorstoß für ein besseres System scheitern der Südwesten und die anderen Bundesländer bislang aber in Brüssel bei der EU-Kommission.

Die Zahl der Drohnensichtungen über Gefängnissen in Baden-Württemberg hat sich zwar in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Mit 8 Zwischenfällen im laufenden Jahr und insgesamt 41 seit dem Jahr 2015 ist sie aber nach wie vor vergleichsweise gering. «Es handelt sich nach wie vor um Einzelfälle», teilte das Justizministerium auf Anfrage mit. Dennoch werde das Phänomen ernstgenommen.

Kaum Überwachsungsmöglichkeiten

Für Haftanstalten und deren nähere Umgebung gilt nicht nur in Baden-Württemberg ein Überflugverbot. Die Behörden haben bislang aber kaum Möglichkeiten, die Einhaltung des Verbots zu überwachen und Verstöße zu ahnden.

In bayerischen Gefängnissen gibt es zwar bereits ein Drohnenabwehrsystem, das wartet aber noch auf Arbeit: Es kam auch mehr als ein Jahr nach seiner Einrichtung noch kein einziges Mal zum Einsatz, wie das bayerische Justizministerium auf Anfrage mitteilte. In diesem Jahr wurde in Bayern bis Ende November nur eine einzige Drohne über Justizvollzugsanstalten gesichtet. Im Vorjahreszeitraum waren es 13 gesichtete Drohnen über oder nahe Gefängnissen.

«Die Gefährdung durch Drohnen ist ernst zu nehmen. Zwei Versuche, Handys und Drogen einzufliegen, gab es bereits», sagte eine Ministeriumssprecherin. Ihren Angaben zufolge wurden von 2015 bis einschließlich November 2021 insgesamt 58 Drohnen in unmittelbarer Nähe zu einem bayerischen Gefängnis entdeckt.

Eine Gefahr sieht die Justiz nicht nur darin, dass Drogen oder Waffen in die JVA geschmuggelt werden könnten - sondern auch in der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, wenn verbotenerweise Bilder von Gefangenen per Drohne gemacht werden.

Das Ministerium verweist außerdem auf einen spektakulären Fall in Frankreich: Dort gelang einem ranghohen Mitglied der organisierten Kriminalität am 1. Juli 2018 eine spektakuläre Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Réau. Seine Komplizen hätten die örtlichen Gegebenheiten der Anstalt über längere Zeit mittels Drohnen ausgekundschaftet.

Bayern: Drohnen abschießen

Handelsübliche, professionelle Drohnen seien inzwischen in der Lage, bis zu 100 Kilogramm zu transportieren. «Ein Ausbruch mit Hilfe einer Drohne kann daher wohl ebenfalls nicht ausgeschlossen werden», sagte die Ministeriumssprecherin.

Das Ministerium hatte im Oktober 2020 acht der 36 bayerischen Gefängnisse in einem Pilotprojekt mit dem mobilen Drohnenabwehrsystem «Dropster» ausgestattet. Nach Ministeriumsangaben war Bayern damit das erste deutsche Bundesland, das Drohnen über Gefängnissen systematisch abschießen will. Kostenpunkt: rund 5000 Euro pro Ausrüstung, insgesamt also 75.000 Euro reine Materialkosten.

Dazu kommen dann noch Schulungen für die Mitarbeiter, die Drohnen mit den Netzpistolen vom Himmel holen sollen. Mit Hilfe einer Gaspatrone wird ein 2,40 Meter mal 2,40 Meter großes Netz in die Höhe geschossen, das die Drohne einfangen und zum Absturz bringen soll.


Bildnachweis: © picture alliance / dpa
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