22. Oktober 2021 / Aus aller Welt

Gutachter halten Würzburger Messerstecher für schuldunfähig

Was steckt hinter der Messerattacke? Schon kurz nach der Tat eines Flüchtlings schießen die Spekulationen ins Kraut. Monate später kristallisiert sich heraus: Der Verdächtige war bei der Tat wohl psychisch krank.

Trauer um die Opfer einer Messerattacke am Tatort.
von dpa

Der Würzburger Messerstecher war bei seiner Attacke auf Passanten Ende Juni nach psychiatrischer Einschätzung schuldunfähig.

Die beiden im Ermittlungsverfahren beauftragten Sachverständigen kämen unabhängig voneinander jeweils zu diesem Ergebnis, teilten das Bayerische Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft München am Freitag in München mit.

Was genau den Somalier zu dem Angriff auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen trieb, ist allerdings weiter unklar. Befürchtungen kurz nach der Tat, der Flüchtling habe aus terroristischen Gründen oder religiösen Überzeugungen gehandelt, bestätigten sich bisher nicht. Hinweise auf Mitwisser oder Mittäter sowie auf einen extremistischen Hintergrund gebe es weiterhin nicht, teilten die Ermittler am Freitag mit. Drogen oder Alkohol hatte der Somalier laut toxikologischem Gutachten nicht eingenommen.

Mit dem neuerlichen Gutachten spricht nun vieles dafür, dass es gegen den 32-Jährigen ein sogenanntes Sicherungsverfahren - wahrscheinlich vor dem Landgericht Würzburg - geben wird. Bei solchen Verfahren geht es um die Unterbringung eines Beschuldigten in einer Psychiatrie. Die Staatsanwaltschaft schreibt dafür auch keine Anklage wie in normalen Strafverfahren, sondern eine Antragsschrift: Bis Ende des Jahres wolle die Generalstaatsanwaltschaft München die dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses beantragen, teilten die Ermittler am Freitag mit.

Der Beschuldigte bleibt bei diesem Vorgehen Beschuldigter und wird nicht zum Angeklagten. Dennoch gibt es eine Verhandlung vor Gericht - in diesem Fall wohl vor einer Schwurgerichtskammer.

Die Ermittler betonten am Freitag, die Einschätzung als schuldunfähig bedeute nicht, dass es Zweifel an der Täterschaft des Mannes gebe oder er unschuldig sei. Er war am 30. September vernommen worden und hatte dabei den Tatablauf detailliert geschildert. Weitere Angaben zu den Aussagen machten die Ermittler zunächst nicht.

Erwiesen ist, dass der Migrant am 25. Juni in Würzburg auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen eingestochen hat. Drei Frauen starben, fünf Menschen wurden lebensgefährlich verletzt. Zudem gab es vier Leichtverletzte. Die Ermittler hatten auf Basis eines ersten psychiatrischen Gutachtens am 20. Juli bereits mitgeteilt, dass der Mann zur Tatzeit möglicherweise schuldunfähig war.

Der Beschuldigte ist seit Monaten in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. «Er macht mittlerweile einen guten Eindruck, ist psychisch gefestigt», sagte sein Rechtsanwalt Hanjo Schrepfer der Deutschen Presse-Agentur. «Er ist medikamentös gut eingestellt.» In seiner Vernehmung vor wenigen Wochen habe er die Messerattacke bedauert.

Zeugen wollen während des Messerangriffs zweimal den Ausruf «Allahu Akbar» («Gott ist groß») gehört haben. Dschihadisten und Salafisten benutzen den Ausdruck oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islams, die seit Jahrhunderten von Muslimen weltweit benutzt wird.

Zudem soll der später mit einem Polizeischuss gestoppte Flüchtling im Krankenhaus einen Hinweis auf den Dschihad - also den «Heiligen Krieg» - gegeben haben. Daher hielten es die Ermittler bisher für naheliegend, dass der Mann islamistisch motiviert gewesen sein könnte. Das Motiv ist aber weiter unbekannt. Beweise, dass der Somalier in eine Terrororganisation eingebunden gewesen ist, gibt es bisher nicht.

Anfangs waren die Ermittler davon ausgegangen, dass der Verdächtige 24 Jahre alt ist, weil er bei seiner Einreise nach Deutschland 1997 als Geburtsjahr angegeben hatte. Bei einer ärztlichen Untersuchung Mitte Juli sprach er den Ermittlern zufolge dann von 1989 als Geburtsjahr.

Der Somalier wurde 2015 in Deutschland erstmals registriert. Seither war er mehrmals wegen psychischer Probleme aufgefallen. Vor der Tat hatten die Behörden nach eigenen Angaben aber keine Hinweise darauf, dass der Mann andere Menschen gefährden könnte. Vor dem Angriff lebte der Täter in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg.


Bildnachweis: © Nicolas Armer/dpa
Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Eier färben mit Naturfarben
Für die ganze Familie

Oster-Highlight für kleine Küchenhelfer

weiterlesen...
Ostergebäck zum Vernaschen
Rezepte

Rezept für Quarkhasen

weiterlesen...
Die KHW aus Rheda-Wiedenbrück sucht nach Deiner Unterstützung!
Job der Woche

Als Koordinator Neubauprojekte & Gewährleistung und technischer Projektleiter

weiterlesen...

Neueste Artikel

Aktion Radschlag: Kooperative Verkehrskontrollen in Rheda-Wiedenbrück und Rietberg
Polizeimeldung

Verkehr, Einsatz Aktion Radschlag: Kooperative Verkehrskontrollen in Rheda-Wiedenbrück und Rietberg Im Rahmen der...

weiterlesen...
Mehr Straftaten an Bahnhöfen registriert
Aus aller Welt

Im letzten Jahr sind laut der Polizeilichen Kriminalstatistik in Deutschland mehr Straftaten erfasst worden. Dies gilt auch für Delikte an Bahnhöfen.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Mehr Straftaten an Bahnhöfen registriert
Aus aller Welt

Im letzten Jahr sind laut der Polizeilichen Kriminalstatistik in Deutschland mehr Straftaten erfasst worden. Dies gilt auch für Delikte an Bahnhöfen.

weiterlesen...
Zugunglück mit zwei Toten: Ermittlungen vor dem Abschluss
Aus aller Welt

Vor fast einem Jahr kamen bei einem Zugunglück nahe Köln zwei Arbeiter ums Leben. Die Strecke war zum Unfallzeitpunkt noch nicht gesperrt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner