11. Dezember 2021 / Aus aller Welt

Dutzende Tote nach Tornados in den USA befürchtet

Bei einem verheerenden Sturmsystem ziehen Dutzende Tornados durch die USA. Die Behörden befürchten zahlreiche Tote. Die Bilder aus Kentucky erinnern an ein Kriegsgebiet.

Eine Frau sucht in Defiance im US-Bundesstaat Missouri in den Trümmern eines Hauses nach Wertsachen.
von ?Can Merey und Angelika Engler, dpa

Tornados haben eine Schneise der Verwüstung durch mehrere Bundesstaaten in den USA geschlagen und vermutlich Dutzende Menschen das Leben gekostet.

Der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, sagte am Samstag, er sei sich sicher, dass die Zahl der Toten alleine in seinem Bundesstaat im Südosten der Vereinigten Staaten 70 übersteigen werden. «Sie könnte sogar über 100 liegen.» Die Nacht zu Samstag sei «eine der härtesten» in der Geschichte des Bundesstaats gewesen. «Ich glaube, dass dies der tödlichste Tornado sein wird, der jemals durch Kentucky gezogen ist.»

Beshear sagte bei einem Besuch im Katastrophengebiet, die Zerstörung in Kentucky sei noch schlimmer als zunächst befürchtet. Die Tornados hätten in dem südöstlichen Bundesstaat über 200 Meilen (320 Kilometer) hinweg eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. «Alles in ihrem Pfad ist weg. Häuser, Geschäfte, Regierungsgebäude - einfach weg. Teile von Industrieanlagen, Dächer sind in Bäumen. Es ist schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist.»

Schwere Verwüstungen

Besonders schwer von den Tornados betroffen ist der Ort Mayfield. Der Gouverneur sagte mit Blick auf das Zentrum der Katastrophe: «Mayfield ist Ground Zero.» Dort wurde eine Kerzenfabrik dem Erdboden gleichgemacht, in der sich nach Beshears Angaben rund 110 Menschen aufgehalten haben sollen. Der Gouverneur sagte dem Sender CNN: «Ich stehe jetzt vor der ehemaligen Fabrik, und das ist ein Ausmaß der Verwüstung, das keiner von uns je zuvor gesehen hat.»

Mayfields Bürgermeisterin Kathy O’Nan bestätigte, dass in der Kerzenfabrik wegen der Weihnachtszeit rund um die Uhr gearbeitet worden sei. Die Fabrik gehöre einer Familie aus dem Ort und sei ein wichtiger Arbeitgeber. Zu der Zerstörung in Mayfield sagte die Bürgermeisterin CNN: «Mein Herz ist gebrochen.»

Auch andere Bundesstaaten wurden in der Nacht zu Samstag von dem verheerenden Sturmsystem getroffen. CNN berichtete von mehr als 30 Tornados in sechs Bundesstaaten. Aus dem Staat Arkansas wurden zwei Tote gemeldet. In Illinois stürzte das Dach eines Verteilzentrums des Online-Händlers Amazon teilweise ein, auch dort soll es Tote gegeben haben. Es dürften Tage vergehen, bis das volle Ausmaß der Verwüstungen bekannt wird.

Biden spricht von Folgen des Klimawandels

Das Sturmsystem ist die jüngste einer ganzen Reihe von Naturkatastrophen in den USA. Die Vereinigten Staaten litten in diesem Jahr unter verheerenden Stürmen, schweren Überflutungen und großflächigen Waldbränden. US-Präsident Biden sieht in der Häufung und Heftigkeit der Katastrophen eine Folge des Klimawandels, dessen Bekämpfung er zu einer seiner Top-Prioritäten gemacht hat. Biden will sich am Nachmittag (Ortszeit) zu den Tornados äußern.

Biden sagte den betroffenen Bundesstaaten die Unterstützung der Bundesregierung zu. «Einen geliebten Menschen in einem solchen Sturm zu verlieren, ist eine unvorstellbare Tragödie», teilte der Präsident mit. «Wir arbeiten mit den Gouverneuren zusammen, um sicherzustellen, dass sie alles haben, was sie benötigen.»

Die Rentnerin Lori Wooton aus dem Ort Dawson Springs in Kentucky sagte CNN, sie habe den Sturm in einem Schutzkeller ausgesessen. Sie habe Regen gehört «und dann wurde es plötzlich sehr laut, wie bei einem Zug. Und das schien nicht lange zu dauern, aber es war sehr laut. Vielleicht drei, vier Sekunden, dann war es vorbei. Aber als wir dann herauskamen und uns den Schaden ansahen, war es unglaublich, was in diesen drei bis vier Sekunden passiert ist.»

Im Ort Earlington in Kentucky führte der Sturm dazu, dass ein Zug entgleiste und in mehrere Häuser raste. Experten untersuchten, welches Material er geladen hatte und wie viele Menschen in der Gegend verletzt wurden, sagte der Sheriff von Hopkins County, Matt Sanderson, Medienberichten zufolge.

In Edwardsville im Süden von Illinois gingen die Rettungsarbeiten nach dem Teileinsturz eines Dachs des Amazon-Verteilzentrums weiter. Wie viele Menschen sich zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude in dem Ort nahe der Großstadt St. Louis aufhielten, war zunächst unklar. Die Rettungsarbeiten dauerten an.

Tweet der Feuerwehr in Edwardsville

Kentuckys Gouverneur Beshear bat US-Präsident Joe Biden um Unterstützung. «Kentucky braucht Bundeshilfe, um auf dieses Ereignis zu reagieren», hieß es in einem vom Gouverneur veröffentlichten Schreiben an Biden am Samstag. Stromausfälle seien weit verbreitet. 17 der 120 Bezirke in dem Bundesstaat seien von der Katastrophe betroffen. Beshear verhängte den Notstand in Kentucky und aktivierte die Nationalgarde, um betroffene Gemeinden zu unterstützen.


Bildnachweis: © Christian Gooden/St. Louis Post-Dispatch/AP/dpa
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