5. August 2022 / Aus aller Welt

Grunewald-Brand: Bodentemperaturen bis 700 Grad

Nachdem das Feuer im Grunewald weitgehend gelöscht ist, richtet sich der Blick auf die Situation auf dem Sprengplatz. Bodentemperaturen von bis zu 700 Grad machen den Einsatz weiter gefährlich.

Noch immer brennt es auf dem Munitionsplatz im Grunewald.
von Silke Sullivan, Andreas Rabenstein und Matthias Arnold, dpa

Die Flammen im Berliner Grunewald sind weitgehend gelöscht - doch die Gefahr vor allem für die Einsatzkräfte ist nicht gebannt. Eine Aufhebung der Straßen- und Bahnsperrungen war am Freitagnachmittag weiter nicht in Sicht. Nachdem ein Sprengmeister der Polizei am Vormittag das Gelände in einem Bergepanzer erkunden konnte, hatten Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr einen besseren Überblick über die Situation auf dem Sprengplatz. Von dort hatte sich das Feuer am Vortag auf den Wald ausgebreitet.

Die Straßen- und Bahnsperrungen werden voraussichtlich mindestens bis Samstag in Kraft bleiben. Aktuell sei nicht mit einer Änderung zu rechnen, hieß es am Freitagabend bei der Polizei. Nach Angaben der Feuerwehr ist frühestens gegen Samstagmittag mit einer neuen Entscheidung zu rechnen. Feuerstellen gebe es weiterhin nur innerhalb eines definierten Riegels, eine Ausweitung gebe es nicht. Aktuell gebe es im Wald außerhalb des Sprengplatzes keine großen Brandherde.

Der Boden dort war nach Angaben der Polizei an manchen Stellen noch bis zu 700 Grad heiß. Um die Gefahr weiterer Explosionen von Munitionsresten zu verringern, müssten diese Bereiche mit Wasser gekühlt werden, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz.

Zwei gelagerte Bomben aus dem Weltkrieg mit einem Gewicht von je 250 Kilogramm seien aus ihren Halterungen gerissen worden. Sie seien nicht explodiert, aber sehr heiß geworden und müssten gekühlt werden. Das gleiche gelte für weitere Bereiche auf dem großen Gelände. Dafür seien die Feuerwehr und eine Spezialfirma mit einem Löschpanzer im Einsatz. Brände gebe es dort nicht mehr. Einige Lagerstätten von gefährlichen Explosivstoffen würden schon immer ständig mit Wasser gekühlt, dort sei nichts passiert.

Sperrkreis noch nicht verkleinert

Rund um den Einsatzort hatte die Feuerwehr bereits am Donnerstag einen Sicherheitsradius von 1000 Metern verhängt. Erst wenn die Kühlungen erfolgreich seien und die Gefahr sinke, könne der Sperrkreis auf 600 Meter Radius verringert und dann auch die Autobahn und die Bahnstrecken wieder freigegeben werden, sagte Cablitz. Eine Einschätzung, wie lange das noch dauern könnte, gab er nicht.

Feuerwehrchef Karsten Homrighausen sprach von einem längeren Prozess, bei dem auch immer wieder mit «Fernthermometer» die Temperatur der erhitzten Munition gemessen werde. Nur so könne die Feuerwehr entscheiden, wo kühlendes Wasser, das über Schläuche aus der drei Kilometer entfernten Havel gepumpt werde, nötig sei. «Einfach Wasser draufhalten, um die Bomben zu löschen, ist auch nicht immer die Lösung.» Die Sprengstoffexperten würden durchaus zu Vorsicht raten.

Rund um den Einsatzort hatte die Feuerwehr bereits am Donnerstag einen Sicherheitsradius von 1000 Metern verhängt. Erst wenn die Kühlungen erfolgreich seien und die Gefahr sinke, könne der Sperrkreis auf 600 Meter Radius verringert und dann auch die Autobahn und die Bahnstrecken wieder freigegeben werden, sagte Cablitz. Eine Einschätzung, wie lange das noch dauern könnte, gab er nicht.

Feuerwehrchef Karsten Homrighausen betonte: «Es ist der Sicherheit geschuldet.» Bei weiteren Explosionen von Munitionsresten könne Material weit geschleudert werden. Derzeit gebe es aber keine Detonationen mehr. Die Sprengexperten hätten drei Gefahrenbereiche erkannt, dort werde die Feuerwehr gezielt kühlen. Angesichts der komplizierten Gefahrenbekämpfung setzt die Feuerwehr hochmoderne und teure Technik verschiedenster Organisationen ein.

Ein Löschen aus der Luft durch Hubschrauber sei weiterhin nicht nötig, betonte Brigadegeneral Jürgen Karl Uchtmann. Stattdessen habe man mit einem Bergepanzer fünf Kilometer lange Schneisen durch den Wald gezogen, damit die Löschfahrzeuge an das Feuer herankämen. «Die dürfen nach Ende der Krise als wunderschöne, breite Wander- und Radwege der Berliner Bevölkerung zur Verfügung stehen.»

Das Feuer war ersten Erkenntnissen zufolge in der Nacht auf Donnerstag auf dem Sprengplatz ausgebrochen. Tonnenweise alte Granaten, Munition und beschlagnahmte Feuerwerkskörper lagerten in Gebäuden auf dem Gelände. Explosionen waren zu hören, der Brand weitete sich im Lauf des Tages in dem trockenen Waldgebiet aus.

In der Nacht zu Freitag habe die Feuerwehr die Flächenbrände im Umkreis des Sprengplatzes weiter bekämpft, sagte Sprecher Thomas Kirstein am Freitagmorgen nach der ersten Lagebesprechung. «Diese Brände sind seit heute Morgen nahezu gelöscht.» Verletzte Menschen gab es bisher nicht.

Gefährlichster Einsatz der Feuerwehr seit Krieg

Gebrannt hatte es demnach insgesamt auf einer Fläche von knapp 50 Hektar. Weiterhin seien 150 Feuerwehrleute sowie 500 Polizisten zur Absperrung im Einsatz. Ungünstig sei am Freitagmorgen das Auffrischen des Windes gewesen, weil es die Gefahr berge, dass das Feuer wieder aufflamme. Vereinzelte Regenschauer am Vormittag brachten zunächst kaum Entlastung.

Die Feuerwehr betonte, für die Einsatzkräfte sei dieser Einsatz der herausforderndste und gefährlichste in der Nachkriegsgeschichte. Dennoch sei der Schutz der Hauptstadt weiter gewährleistet. «Das ist bisher sehr gut gelungen.» Es habe parallel am Donnerstag und Freitagmorgen auch zwei weitere größere Einsätze zum Brandlöschen gegeben.

Die Ursache für den Brand im Grunewald ist derweil unklar. «Das war heute hier großes Thema: Wie kann es dazu kommen?», sagte Feuerwehr-Sprecher Kirstein am Donnerstagabend im RBB. Mehrere Gebäude auf dem Gelände hätten bereits «in Vollbrand» gestanden, als die Feuerwehr eintraf. Ob es sich möglicherweise um Brandstiftung handelte, muss das Landeskriminalamt ermitteln. Dazu wird auch mit der Feuerwehr und den Sprengmeistern der Polizei zusammengearbeitet.

Kampfmittel, Munition und Feuerwerkskörper

Auf dem großen Gelände des Sprengplatzes lagerten laut Polizei rund 30 Tonnen «Kampfmittel und Munition» aus dem Zweiten Weltkrieg sowie mehrere Hundert Kilogramm Feuerwerkskörper, die etwa an Silvester beschlagnahmt wurden. In regelmäßigen Abständen werden diese Bestände gesprengt, zuletzt im März und April. Zur Sicherheit werden die gelagerten Bestände «dauerhaft beregnet». Zudem gebe es ein Brandschutzkonzept, Brandschutzschneisen und eine Brandmeldeanlage.

Den Sprengplatz zur Vernichtung von Waffen und Explosivstoffen gibt es seit 1950. Zuständig ist inzwischen die Polizei, die betonte, dass es immer wieder Überlegungen gegeben habe, den Ort zu verlegen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik betonte allerdings am Freitag: «Aktuell ist dieser Sprengplatz die einzige genehmigungsfähige Anlage auf Berliner Grund mit 80.000 Quadratmetern, weit weg von Wohnbebauung, was der Feuerwehr auch gestern sehr genützt hat.»

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) äußerte sich offen für Gespräche mit Berlin über Lösungen. Brandenburgs zentrales Sprenggelände liegt in einem Wald in dem kleinen Ort Kummersdorf-Gut, etwa 50 Kilometer südlich von Berlin. «Wir haben eine gute Kooperation mit Sachsen und sind natürlich auch offen dafür, wenn sich Berlin in Zukunft an unseren Verfahren der Kampfmittelbeseitigung beteiligen möchte», teilte Stübgen am Freitag über sein Ministerium der Nachrichtenagentur dpa mit.


Bildnachweis: © Paul Zinken/dpa
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