13. Juli 2021 / Aus aller Welt

Zwölf Jahre Haft im Wolfsmasken-Prozess

Die Vergewaltigung einer Elfjährigen schockte im Sommer 2019: Ein mit einer Wolfsmaske getarnter Mann hatte das Kind ins Gebüsch gezerrt und missbraucht. Nun spricht das Landgericht München ein Urteil.

Der wegen schweren sexuellen Missbrauchs angeklagte Mann ist zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.
von Britta Schultejans, dpa

Es ist eine alptraumhafte Szene: Ein Mann mit einer Wolfsmaske zerrt am helllichten Tag in München ein Mädchen in ein Gebüsch und vergewaltigt es.

Schnell kommt heraus: Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen einschlägig vorbestraften Mann, der nach mehreren Sexualdelikten in die Psychiatrie eingewiesen wurde - und dessen Auflagen erst kurz vorher gelockert worden waren.

Im Münchner Wolfsmasken-Prozess hat das Gericht den Angeklagten nun wegen Vergewaltigung des damals elfjährigen Mädchens zu zwölf Jahren Haft und Unterbringung in der Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte 14 Jahre Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert.

Der 45-Jährige hatte zugegeben, sich im Juni 2019 mit einer Wolfsmaske getarnt und das Mädchen vergewaltigt zu haben. Das sieht auch das Gericht so. «Er war für die Tat vorbereitet», sagt der Vorsitzende Richter am Dienstag.

Das Gericht nimmt an, dass sich der Mann sein Opfer gezielt aussuchte. Er soll das Kind zuvor in der S-Bahn beobachtet und fotografiert haben. Der Mann sei an jenem Tag mit dem Vorsatz losgefahren, das Mädchen zu missbrauchen. Zu diesem Zweck habe er auch die Wolfsmaske dabei gehabt, davon ist das Gericht überzeugt. Er hatte nach der Tat damit gedroht, das Mädchen und seine Eltern zu töten, sollte es die Polizei rufen.

Der Anwalt des Mannes, der von Schuldunfähigkeit ausgeht und die Unterbringung in einer Psychiatrie gefordert hatte, räumt ein, dass sein Mandant das Mädchen im Vorfeld beobachtet und fotografiert hatte. Aber der Entschluss, das Kind zu vergewaltigen, sei spontan gefallen: «Es gab so ein gewisses Hin und Her: Soll ich? Soll ich nicht?» Ansonsten gestand der Angeklagte die Vorwürfe über seinen Anwalt weitgehend ein.

Der Fall warf von Beginn an die Frage nach der Resozialisierung von Sexualstraftätern auf. Denn der Angeklagte befand sich in einer Lockerungsstufe des Maßregelvollzugs. Er war wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern mehrfach vorbestraft. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll er schon in seiner Jugend mit Sexualdelikten aufgefallen und außerdem bereits wegen Körperverletzung verurteilt worden sein.

Am Tattag durfte er unbegleitet von seiner betreuten Wohngemeinschaft zu seiner Arbeitsstelle fahren. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war das die einzige Zeit in seinem Tagesablauf, in der er nicht unter Aufsicht stand. Auf diesem Weg, so räumt er ein, fiel er über das Kind her. «Die Ursache, wie es dazu kommen konnte, muss kritisch hinterfragt werden», sagt sein Anwalt Adam Ahmed. «Welche Kontrollmaßnahmen gab es? Welche Fachgespräche gab es?»

Straftäter können zu Freiheitsstrafen verurteilt werden, die in Justizvollzugsanstalten verbüßt werden, oder zum Maßregelvollzug in dafür besonders ausgestatteten psychiatrischen Kliniken und Entziehungsanstalten. Diese werden auch als forensische Kliniken bezeichnet. Das kann beispielsweise für drogenabhängige oder psychisch kranke Menschen zutreffen.

Ende 2019 befanden sich nach Angaben des Sozialministeriums insgesamt 2884 Menschen in Bayern im Maßregelvollzug. Im Jahr davor waren es 2772, Ende 2017 waren es 2489. Wer wegen einer psychischen Erkrankung untergebracht wurde, verbrachte 2019 im Schnitt 5,42 Jahre in der Psychiatrie. Suchtkranke blieben dort durchschnittlich 1,42 Jahre.


Bildnachweis: © Sven Hoppe/dpa
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