1. Dezember 2021 / Aus aller Welt

Schock in München: Verletzte nach Explosion von Blindgänger

Erst knallt es, dann steigt eine Rauchsäule über der Innenstadt auf: Eine heftige Explosion sorgt in München für Angst. Der Grund für das Unglück mit vier Verletzten ist ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg.

Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei im Einsatz nach der Explosion der Fliegerbombe in München.
von Jordan Raza, Roland Losch, Annette Reuther und Cordula Dieckmann, dpa

Ein lauter Knall schreckt die Menschen in München mittags auf. Über der Innenstadt steigt eine Rauchsäule auf. Schnell wird klar: An der Bahnstrecke unweit des Münchner Hauptbahnhofs hat es eine Explosion gegeben.

Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte eilen zum Unglücksort, ein Polizeihubschrauber kreist über der Gegend. Bald macht auch die Ursache die Runde: Eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist detoniert, auf einer Baustelle der Deutschen Bahn für die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn.

Vier Menschen werden verletzt, einer von ihnen schwebte sogar in Lebensgefahr. Inzwischen sei sein Zustand aber wieder stabil, teilte das Universitätsklinikum Rechts der Isar der Deutschen Presse-Agentur am Abend mit. Durch die Wucht der Detonation sei ein Bein fast ganz abgerissen worden. In einer vierstündigen Operation habe man es aber wieder rekonstruieren können, inzwischen sei das Bein auch wieder durchblutet.

Seine erste Reaktion sei großes Erschrecken gewesen, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), als er den Unglücksort besucht. Er habe zunächst einen Anschlag befürchtet. Stattdessen ist es eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe - ein Überbleibsel aus einer schlimmen Zeit, aber mit verheerender Wirkung. Die Bombe sei bei Bohrarbeiten explodiert, erklärt der Minister. Er wünschte den Verletzten baldige Genesung, vor allem dem Schwerverletzten, der operiert werden müsse.

Die Bombe war an der Donnersbergerbrücke auf einer Baustelle für die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn hochgegangen, in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der Abschnitt gilt als eine der meistbefahrenen Bahnstrecken Europas, durch das Mammut-Bauprojekt soll der Verkehr hier entzerrt werden. Auch Regional- und Fernzüge sind hier unterwegs. Gleise wurden durch die Explosion nach Auskunft der Feuerwehr nach ersten Erkenntnissen nicht beschädigt, einige S-Bahnen wurden aber evakuiert.

Normalerweise werde auf solchen Baustellen vorab immer intensiv sondiert, wo noch Blindgänger versteckt liegen könnten, sagt Herrmann. Er gehe davon aus, dass das auch auf dieser Baustelle geschehen sei. «Da muss jetzt ermittelt werden: Warum hat man diese Bombe vorher nicht erkannt?» Ob die Arbeiten fortgesetzt werden können, kann er nicht sagen. Das hänge davon ab, was im Vorfeld untersucht worden sei. Das müsse im Einzelfall nachbereitet werden.

Experten des Kampfmittelräumdienstes eilten zum Unglücksort. Der gesamte Zugverkehr zum und vom Hauptbahnhof wurde stundenlang eingestellt, auch der Fernverkehr. Züge stoppten am nächsten Bahnhof oder fuhren nicht aus dem Hauptbahnhof hinaus. Am Nachmittag rollte der Bahnverkehr wieder langsam an. Am frühen Abend meldete die Bahn die Aufhebung aller Sperrungen. Alle Gleise seien wieder befahrbar.

Die 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe wird nach Auskunft der Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung am häufigsten gefunden. Wie hoch ihre Sprengkraft ist, hängt dem Verein zufolge auch davon ab, in welcher Tiefe sie in der Erde vergraben ist. Je höher sie liege, umso gefährlicher sei sie auch.

Vorfälle mit Blindgängern, die seit dem Zweiten Weltkrieg im Erdreich liegen, gibt es immer wieder. Im September 1994 starben in Berlin drei Bauarbeiter, als eine Bombe in einer Baugrube explodierte. 2006 wurde in Aschaffenburg ein Mann an einer Autobahnbaustelle in den Tod gerissen. Häufig kommt es auch bei der Entschärfung zu einem Unglück, so etwa im Juni 2010, als bei einem Routineeinsatz drei Sprengmeister starben und zwei Menschen schwer verletzt wurden.

In München wurde 2012 eine 250-Kilogramm-Bombe entdeckt. Weil es nicht gelang, sie zu entschärfen, musste sie kontrolliert gesprengt werden. 2500 Anwohner im Stadtteil Schwabing mussten ihre Häuser verlassen. Die Druckwelle beschädigte Fassaden und Fenster.


Bildnachweis: © Jordan Raza/dpa
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